6.302.028.000.000 Euro

Das private Geldvermögen ist riesig - und schmilzt dennoch wie Eis in der Sonne

Das sind 6,3 Billionen Euro oder anders ausgedrückt, ein Turm aus 50-Euro-Scheinen so hoch wie der Durchmesser der Erde. Diese Zahl entspricht laut der Deutschen Bundesbank dem Geldvermögen der privaten Haushalte in Deutschland im dritten Quartal 2019. Ungefähr 40 Prozent dieses Vermögens machen Bargeld und Einlagen aus, also eine Anlageform, die jederzeit verfügbar und vermeintlich risikoarm ist. Weitere 37 Prozent sind Ansprüche gegenüber Versicherungen und Altersvorsorge-Einrichtungen. Der Rest verteilt sich auf Aktien, Investmentfondsanteile und Schuldverschreibungen. Aber macht diese Aufteilung des „typischen Deutschen“ Sinn? Oder hat sich die Welt in den letzten Jahren oder in jüngster Zeit so verändert, dass man diese Strategie überdenken sollte?

Ohne Frage brauchen wir einen gewissen Betrag auf dem Girokonto für die Abwicklung unserer täglichen Geldgeschäfte. Auch ein Polster für persönliche und globale Krisen ist sinnvoll, wie uns nicht zuletzt die momentane Covid-19-Pandemie erinnert. Eine Zeit, die uns zeigt, wie wichtig Rücklagen sein können.

Aber wie jedes Arzneimittel seine richtige Dosis braucht und Nebenwirkungen haben kann, so ist dies auch hier der Fall. Wie hoch muss meine richtige Dosis an Liquidität sein? Mit welchen Auswirkungen muss ich rechnen? Was genau ist gemeint mit den oft genannten Nebenwirkungen Nullzinsen bzw. realer Wertverlust?

Geldvermögen der privaten Haushalte in Deutschland

Stand: 3. Quartal 2019. Quelle: Deutsche Bundesbank, eig. Berechnungen.
Stand: 3. Quartal 2019. Quelle: Deutsche Bundesbank, eig. Berechnungen.

Wenn der Wert des Geldes schmilzt

Für Sparbücher, Tages- oder Festgelder gibt es kaum noch bzw. oftmals gar keine Zinsen mehr. Kein Problem werden sich viele denken, dafür ist mein Geld ja sicher angelegt. Doch so sicher, wie es auf den ersten Blick scheint, ist es nicht. Schauen wir uns zunächst das Thema Inflation näher an. Während zum Beispiel eine Kugel Eis im Jahr 1982 im Schnitt noch 15 Cent kostete, zahlt man heutzutage an Eisdielen durchschnittlich 1,30 Euro für ein Bällchen. Und beim Eis allein ist es nicht geblieben. Wenn von der Teuerung nicht nur einzelne Produkte betroffen sind, sondern sich allgemein die Preise von Gütern und Dienstleistungen erhöhen, spricht man von Inflation. Mit der Erhöhung des Preisniveaus geht eine verminderte Kaufkraft einher – das Geld ist weniger wert.

Wenn der Wert des Geldes schmilzt. Quelle: Stat. Bundesamt 11/2019, Union Investment
Wenn der Wert des Geldes schmilzt. Quelle: Stat. Bundesamt 11/2019, Union Investment

Auch beim Sparen spielt die Inflation eine Rolle. Sind die Zinsen niedriger als die Inflation werden die Zinserträge durch die Inflation aufgezehrt. Der Sparer kann sich mit dem angelegten Geld in Zukunft weniger leisten. Keine Zinsen, kombiniert mit positiver Inflation, lassen die Ersparnisse schmelzen wie die Kugel Eis in der Sonne. Während wir es ein Leben lang gewohnt waren, dass die Rendite unserer Tagesgelder & Co.  über der Inflation lagen, wir also einen realen Gewinn damit erzielt  hatten, hat sich dieses Verhältnis in den letzten Jahren umgekehrt, so dass wir heute damit real einen Verlust erzielen.

Die Inflationsrate in Deutschland lag die letzten Jahre deutlich über der Umlaufrendite

Als Umlaufrendite wird die durchschnittliche Rendite inländischer festverzinslicher Wertpapiere bezeichnet. Stand: 07.04.2020, Quelle: mein GIS Trader, eigene Berechnungen.
Als Umlaufrendite wird die durchschnittliche Rendite inländischer festverzinslicher Wertpapiere bezeichnet. Stand: 07.04.2020, Quelle: mein GIS Trader, eigene Berechnungen.

Renditeerwartungen - Traum und Wirklichkeit

Dabei sparen die Deutschen viel. Zwischen 10 und 11 Prozent betrug die Sparquote in den letzten Jahren. Laut der Studie „Das Sparverhalten der Deutschen“ von der GfK im Auftrag des Flossbach von Storch Research Institutes, erwarten dabei deutlich mehr als die Hälfte eine Rendite zwischen 2 und 5 Prozent p.a. Hier gehen Wunsch und Realität weit auseinander.

Renditeerwartungen der Deutschen für die Ersparnisse pro Jahr. Quelle: Umfrage unter 10.000 Personen. Flossbach von Storch Research Institute in Zusammenarbeit mit der GFK, Flossbach von Storch, Stand: November 2018
Renditeerwartungen der Deutschen für die Ersparnisse pro Jahr. Quelle: Umfrage unter 10.000 Personen. Flossbach von Storch Research Institute in Zusammenarbeit mit der GFK, Flossbach von Storch, Stand: November 2018

Viele mögen sich denken, dass nach so einer langen Zeit die Zinsen doch endlich mal wieder steigen müssten. Leider nein. Dies ist nicht zu erwarten. Ende des Jahres 2008 erreichte die Finanzmarktkrise ihren Höhepunkt. Um das Finanzsystem nicht komplett auseinanderbrechen zu lassen, senkte die Europäische Zentralbank innerhalb kürzester Zeit drastisch die Zinsen: Von 4,25 Prozent im September 2008 auf 1,00 Prozent im Juni 2009. Die Zinsen kamen seitdem nie wieder auf das Niveau vor der Finanzkrise. Im Gegenteil, mittlerweile liegen sie bei 0,00 Prozent.

Schuldner sind Zins-Gewinner

Während die Sparer also real Geld verlieren, gibt es auf der anderen Seite aber auch Gewinner: Die Schuldner. Baugeld ist billig und Kredite für Investitionen günstig. Ein sehr großer Kreditnehmer ist der Staat. Im Euroraum sind die Staatsschulden seit der Finanzkrise in nahezu allen Ländern deutlich gestiegen. Schulden, für die quasi keine Zinsen gezahlt werden müssen. Vor Einführung des Euro haben sich die Mitgliedsstaaten der Währungsunion im Maastrich-Vertrag auf eine Obergrenze der Staatsverschuldung von 60 Prozent des Bruttoinlandsprodukts geeinigt. In der Realität liegen die meisten Euro-Länder deutlich darüber. Mittlerweile kann die europäische Zentralbank die Zinsen gar nicht mehr anheben, ohne dass eine Reihe von Staatshaushalten unter der Zinslast zusammenbrechen würden. Zinsanhebungen sind schlicht nicht mehr finanzierbar.   

Nun kam noch ein weiteres Ereignis hinzu, mit dem niemand rechnen konnte: Die Corona-Pandemie. Im Vordergrund steht natürlich die Bedrohung für unsere Gesundheit, aber auch die wirtschaftlichen Einbußen werden immens sein. Die Wirtschaft hat eine Vollbremsung vollführt und eine tiefe Rezession im Euro-Raum ist nicht mehr zu verhindern. Die Regierungen weltweit beschließen massive Fiskal- und Hilfsprogramme. Zum jetzigen Zeitpunkt ist kaum vorhersehbar, wann die Wirtschaft wieder anspringen wird.  Genauso wenig kann niemand genau beziffern, wie hoch die Staatsverschuldung in den einzelnen Ländern in diesem Jahr liegen wird. Sicher ist nur, dass die Schulden der Staaten bisher nicht gekannte Dimensionen erreichen werden und sich steigende Zinsen in den nächsten Jahren niemand leisten kann.

Wir werden uns alle an eine Welt mit dauerhaften Nullzinsen gewöhnen müssen. Wenn wir dennoch nicht auf unser Renditeziel von deutlich mehr als 2 Prozent verzichten wollen, müssen wir lernen, alte Gewohnheiten aufzugeben und vom Sparer zum Geldanleger zu werden. Wer die Kaufkraft seines Vermögens langfristig erhalten möchte, sollte dieses gut strukturieren, ein bisschen Vertrauen sowie Geduld mitbringen und sich vor allem neuen Finanzthemen öffnen. Neben Sparbuch und Festgeld ist man meist gut beraten auch Anlageklassen wie Aktien, Investmentfonds und Zertifikate zu berücksichtigen. Welche Möglichkeiten es im Detail gibt, darüber möchten wir Sie auf diesem Wege in den nächsten Monaten weiter informieren.

Bei Ihrer individuellen Vermögensstrukturierung unterstützen wir Sie gerne – sprechen Sie uns an.


Von: Christina Simon, Abt. Private Banking