Immer mehr Menschen leben in Alten- und Pflegeheimen. Bereits Ende 2015 wurden von den insgesamt 2,86 Mio. Pflegefällen rund 783.000 Pflegebedürftige in Pflegeheimen vollstationär betreut. Das sind gut ein Viertel aller Pflegebedürftigen - Tendenz steigend. Reichen die eigene Rente und die Leistungen der gesetzlichen Pflegeversicherungen nicht aus, decken die Sozialämter die Kosten zunächst ab, versuchen jedoch, sich das Geld von den unterhaltspflichtigen Kindern der Betroffenen zurückzuholen. Was dabei im Zusammenhang mit Schenkungen in Form von Geld oder durch Immobilienübertragung wichtig zu wissen ist, klärt Herr Heinz Ripperger, Leiter Vorsorge und Generationenberatung der MVB im Interview.
Elternunterhalt
Was ist im Pflegefall bei Schenkungen und Erbregelungen zu beachten?
Herr Ripperger, warum gewinnt dieses Thema immer mehr an Bedeutung?

Mittlerweile werden bei rund einem Drittel der in Heimen vollstationär betreuten Pflegefälle Kinder zum Unterhalt herangezogen.
Wir reden jetzt schon von mehr als 200.000 Fällen in Deutschland. Durch die steigenden Pflegefälle steigt auch die Zahl der unterhaltspflichtigen Kinder.
Warum sind Kinder unterhaltspflichtig und betrifft es auch die Schwiegerkinder?
Laut BGB sind Verwandte in auf- und absteigender Linie zu Unterhalt verpflichtet. Das heißt neben den leiblichen Kindern, sind auch Adoptiv- und nicht eheliche Kinder für ihre Eltern unterhaltspflichtig. Schwiegerkinder haften grundsätzlich nicht für ihre Schwiegereltern. Das Einkommen des Schwiegerkindes wird aber mitberücksichtigt, wenn z.B. das eigene Kind keine Verdienste hat.
Welche Zahlungen werden fällig?
Zunächst stehen jedem Kind seit 2016 monatlich mindestens 1.800 Euro netto als Selbstbehalt zu. Für den Ehepartner kommen noch mindestens 1.440 € netto hinzu. Liegt das Nettoeinkommen der Kinder darunter, sind sie grundsätzlich nicht verpflichtet, für ihre Eltern Unterhalt aus dem Einkommen zu leisten. Je nach Familiensituation der Kinder, z.B. durch eigene Kinder, sind auch höhere Beträge möglich. Die Unterhaltspflicht wird für alle unterhaltspflichtigen Kinder geprüft.
Wie sieht es mit eigenem Vermögen aus?
Zunächst ist das eigene Vermögen des Pflegebedürftigen aufzubrauchen. Ist dies geschehen, erfolgt die Einkommens- und Vermögensprüfung bei den Kindern. Verfügt das Kind über entsprechendes Vermögen, wird dies ebenfalls beim Elternunterhalt mitberücksichtigt. Ausgenommen davon ist das sogenannte Schonvermögen. Es gibt dafür keine pauschalen Grenzen. Die eigene Immobilie genießt dabei einen besonderen Schutz, bleibt aber nicht völlig unberücksichtigt.
Wie sieht es mit früheren Schenkungen aus?
Hier lautet das Stichwort: „Verarmung des Schenkers“. Nach § 528 BGB kann der Schenker von dem Beschenkten die Herausgabe des Geschenkes fordern, wenn er seinen eigenen Unterhalt nicht mehr bestreiten kann, auch im Hinblick auf Unterhaltspflichten, die er ggfs. gegen eigene Kinder oder Ehepartner hat. In welcher Form die Schenkung erfolgt ist - ob also Geld, Wertsachen oder Immobilie - spielt dabei zunächst keine Rolle. Liegt die Schenkung länger als 10 Jahre zurück kann diese im Rahmen des Sozialträgerregresses nicht mehr zurückgefordert werden. Allerdings wird der geschenkte Vermögenswert im Rahmen der Einkommens- und Vermögensprüfung bei unterhaltspflichtigen Personen mitberücksichtigt.
Wo liegen bei Schenkungen bzw. im Erbfall Problemfelder?
Der Pflegefall wird meist nicht berücksichtigt. Das heißt, bevor ich überhaupt an Schenkungen, beispielsweise an Kinder, denke, ist durchzurechnen, ob auch für den Fall der Pflege ausreichend finanzielle Mittel zur Verfügung stehen. Bei Anlässen wie Hochzeit oder Hausbau schenken Eltern dem Kind gerne einen Geldbetrag. Dabei fehlt häufig die Regelung bezüglich der Geschwister bzw. anderer Erben, inwieweit die Schenkung auf den Erbteil anzurechnen ist bzw. im Pflegefall zurückgefordert werden kann. Tritt zum Beispiel der Pflegefall ein und nur eines der Kinder, das keine Schenkung erhalten hat, wird zur Unterhaltspflicht herangezogen, ist der Streit vorprogrammiert. Gerade bei Immobilienübertragungen ist der Regulierungsbedarf noch wichtiger, in diesem Zusammenhang ist es auch ein Unterschied, ob mit Wohnrecht oder Nießbrauch übertragen wurde. Diese Rechte fordert der Sozialhilfeträger häufig in Form von Geldzahlungen vom beschenkten Kind ein.
„Was ist bei Immobilien und Schenkungen noch zu beachten?“
Für Übertragungen mit Nießbrauch und Wohnrecht sollte auch eine Regelung erfolgen, was im Pflegefall des begünstigten Elternteils und Umzug ins Pflegeheim gelten soll. Ist die Gleichstellung der Kinder bei einer Schenkung nicht möglich oder nicht gewünscht, sind entsprechende Regelungen in Hinblick auf die Anrechnungen auf den Erbteil häufig sinnvoll. In diesem Zusammenhang sind auch Absprachen und Regelungen für etwaige Pflegekosten zu treffen, und wer sich um die Pflege zu kümmern hat.
Wie kann die MVB hier unterstützen? Im Rahmen unserer Generationenberatung beleuchten wir die grundsätzliche wirtschaftliche Vorsorgesituation auch für den Pflege- und Erbfall. Der Kunde erhält Klarheit zu seinem finanziellen Spielraum im Rentenalter, für die Pflegesituation und was die Versorgung des hinterbliebenen Ehegatten betrifft. Auch Lösungswege werden aufgezeigt.
Nutzen Sie unser kompetentes Beratungsangebot und fordern Sie Ihren persönlichen Gesprächstermin an.
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