Theaterkritiker und Publikum sind sich einig: Dieses „Weiße Rössl“ macht Spaß! Am Mainzer Staatstheater läuft noch bis zum 21. Mai dieses Jahres die erfrischende Neuinterpretation der klassischen Vorlage. Bilderbuchidylle am Wolfgangsee wird dabei nur auf den ersten Blick geboten.
Trügerische Heimatidylle
Freche Mainzer Neuinszenierung der Operette „Im weißen Rössl“ sorgt für Begeisterung

Wer erinnert sich nicht gerne an den legendären Peter Alexander als Oberkellner Leopold, der mit Witz, Charme und Gesang um die Gunst seiner Chefin Waltraud Haas alias Josepha Vogelhuber
buhlt? Die Heimatkomödie von 1960 ist wohl bis heute die bekannteste Umsetzung des „Im weißen Rössl“-Stoffs. Weniger bekannt dürfte die Tatsache sein, dass die Originalvorlage bereits
aus dem Jahr 1896 stammt. Das Alt-Berliner Lustspiel von Oskar Blumenthal und Gustav Kadelburg wurde 1930 vom österreichischen Komponisten Ralph Benatzky massentauglich gemacht. Und diese Ursprungs-fassung hat mit der verfilmten Heimatromantik und Schunkelharmonie eines Peter Alexander gar nicht mehr so viel gemeinsam.
Mainzer Interpretationen
Das Regieduo Peter Jordan und Leonhard Koppelmann nimmt den bissigen Urgedanken auf, der die Irrungen und Wirrungen des Herzens ebenso parodiert wie den Massentourismus, und setzt ihn auf der Mainzer Bühne äußerst gekonnt in Szene. Theaterfreunden sind die beiden bereits aus der im letzten Jahr erstmalig aufgeführten Komödie „Pension Schöller“ bekannt. Auch hier gab es übrigens eine historische Vorlage: das Lustspiel aus dem Jahr 1890 von den Mainzer Autoren Carl Laufs und Wilhelm Jacoby.
Im Weißen Rössl setzen die beiden auf ein wunderbar klischeehaftes Bühnenbild, mit vielen Bergen und einer wunderschönen Aussicht. Auch die Kostüme sehen nach österreichischer Tradition aus. Herrlich überspitzt und – wie das ganze Stück – immer mit einem Augenzwinkern zu betrachten. Auf und neben der Bühne tut sich dann einiges: Acht Darsteller, acht Tänzer, 32 Chorsänger und 60 Orchestermitglieder lassen die knapp dreistündige Aufführung wie im Flug vergehen. Sogar Schüler der Bläserklassen des Willigis- und Frauenlob-Gymnasiums bekommen ihren Auftritt, wenn Josepha Vogelhuber, gespielt von Anika Baumann, sich in den Rechtsanwalt Dr. Siedler (Alexander Spemann) verliebt und ihrem Kellner Leopold (Rüdiger Hauffe) damit das Herz bricht.
Maximale Abwechslung
Revue, Parodie, Slapstick, Komödie – das Mainzer "Weiße Rössl" ist das vielzitierte „Fest für die Lachmuskeln“, witzig und kurzweilig. Ein Potenzial, das auch die Mainzer Volksbank früh erkannt hat und als Sponsor des Stücks die Umsetzung unterstützt. Auf der Homepage des Mainzer Staatstheaters ist von einer „spartenübergreifenden Produktion“ die Rede. Und in der Tat: Kategorisieren lässt sich das Stück kaum. Regisseur Leonhard Koppelmann nennt es eine Pop-Operette, bei der Tanz und Gesang ebenso dazugehören wie klassisches Schauspiel. Auf jeden Fall ein wildes Spektakel, das man sich anschauen sollte!
Weitere Vorstellungen:
- 7. April 2017
- 9. April 2017
- 16. April 2017
- 26. April 2017
- 21. Mai 2017
Alle Bilder: (c) Martina Pipprich