Schenkungen und Vermögensübertragungen zu Lebzeiten

Was ist zu beachten

Wenn Eltern ihre Kinder zu Lebzeiten nach Kräften unterstützen, ist das ein ganz normaler Vorgang. Häufig geschieht diese Unterstützung in Form von Geldzahlungen, die ein Kind von seinen Eltern erhält. Den meisten ist unbekannt, dass es sich hierbei rein rechtlich bereits um eine Schenkung handelt. Was ist bei einer Schenkung zu beachten? Gibt es Formvorschriften, welche eingehalten werden sollten? Wann sollte zu Lebzeiten geschenkt und wann vererbt werden? Was ist bei der Übertragung von Immobilienvermögen zu beachten?

Diese Fragen beantwortet in unserem Experteninterview Herr Christian Spengler, Generationenspezialist der Mainzer Volksbank eG.

Was ist eine Schenkung? Sind Formvorschriften zu beachten?

Eine Schenkung stellt grundsätzlich ein zweiseitiges, unentgeltliches Rechtsgeschäft dar, bei dem der Schenkende eine Leistung verspricht und der Beschenkte die Leistung annimmt. Sogenannte Handschenkungen, wie zum Beispiel ein Geldgeschenk zum Geburtstag, werden sofort vollzogen und bedürfen daher keiner Form. Handelt es sich jedoch um ein Schenkungsversprechen in der Form, dass die Leistung zu einem bestimmten Ereignis in der Zukunft erfolgen oder eine Immobilie übertragen werden soll, ist eine notarielle Beurkundung erforderlich. Wird diese Form nicht eingehalten ist die Schenkung mit einem Formfehler behaftet und unwirksam, allerdings kann dieser Mangel durch den Vollzug der Schenkung (z.B. Auszahlung eines Geldbetrages vom Konto des Schenkers, Ausführung eines Überweisungsauftrages durch die Bank etc.) geheilt werden. Ein Schenkungsvertrag, ein Vertrag zugunsten Dritter mit Ihrer Bank oder ein Bezugsrecht im Rahmen einer Versicherung sollten für Rechtssicherheit und zur Streitvermeidung eingesetzt werden, denn wer will schon durch eine gut gemeinte Schenkung den Familienfrieden riskieren?

Muss eine Schenkung beim Finanzamt angezeigt werden?

Eine Schenkung unter Lebenden ist innerhalb einer Frist von drei Monaten dem Finanzamt anzuzeigen. Keine Anzeige ist erforderlich, wenn der Erwerb auf einer gerichtlich oder notariell beurkundeten Schenkung beruht, die Anzeige erfolgt hier automatisch, oder es sich um sogenannte Gelegenheitsgeschenke handelt.

Welche Vermögenswerte werden verschenkt?

Im aktuellen Zinsumfeld wird gerne Geldvermögen wegen fehlender Anlagealternativen verschenkt. Häufig wird auch Immobilienvermögen gegen Wohnrecht bzw. Nießbrauch oder Betriebsvermögen übertragen. Bei der Übertragung von Vermögen ist allerdings zu beachten, dass eine Rückforderung des Geschenkes nur in bestimmten Konstellationen, wie zum Beispiel der Verarmung des Schenkers, möglich ist.  Des Weiteren kann die Übertragung des selbstgenutzten Familienwohnheims gegen Wohnrecht oder Nießbrauch psychologisch und wirtschaftlich schwierig sein. Durch die Übertragung von Vermögen fehlen Einnahmen im Alter oder im Pflegefall. Gerade im Pflegefall können Regressforderungen des Sozialamts auf die Kinder zukommen. Fehlende bzw. falsche Regelungen führen oft zu bösen Überraschungen und Streit unter den Kindern.

Wird eine Schenkung zu Lebzeiten automatisch auf den Erb- und Pflichtteil angerechnet?

Eine Schenkung wird nur dann auf den Erb- oder Pflichtteil angerechnet, wenn die Schenkung auch tatsächlich und nachweisbar mit dem Hinweis „unter Anrechnung auf den Erb- und Pflichtteil“, beispielsweise in einem Schenkungsvertrag oder im Verwendungszweck der Überweisung, erfolgt. Die Anrechnungsbestimmungen werden in der Praxis gerne vergessen, so dass eine Anrechnung auf den Erb- oder Pflichtteil nicht erfolgt. Dies führt nicht selten zu Streit, spätestens wenn es ums Erben geht und ein Kind zu Lebzeiten bereits Gelder erhalten hat, das andere aber nicht.

Freibeträge

Steuerklasse Erbe Freibetrag in Euro
Steuerklasse I   
Ehepartner, eingetragener Lebenspartner

500.000

  Kinder (auch Adoptivkinder und Stiefkinder) 400.000
  Enkelkind, das anstelle des verstorbenen Kindes erbt 400.000
  Enkelkind 200.000
  Urenkel und weitere Abkömmlinge, Eltern, Großeltern bei Erwerben von Todes wegen 100.000
Steuerklasse II Eltern, Großeltern und Urgroßeltern (bei Schenkung), Geschwister (auch Halbgeschwister), Nichten, Neffen, Stiefeltern, Schwiegereltern, Schwiegerkinder und geschiedene Ehepartner 20.000
Steuerklasse III Gilt für alle übrigen Erwerber (z. B. Partner einer nicht ehelichen Lebensgemeinschaft) 20.000

Welche Freibeträge gelten?

Der Gesetzgeber sieht einen Freibetrag in Abhängigkeit vom Verwandtschaftsverhältnis vor. Der Freibetrag für Kinder beträgt aktuell 400.000 Euro und für Enkel 200.000 Euro. Dieser Freibetrag kann alle 10 Jahre genutzt werden und steht jedem Elternteil zu. Wer also rechtzeitig damit beginnt Vermögen zu übertragen, kann ein stattliches Vermögen steuerneutral weitergeben.

Wann ist es ratsam, zu Lebzeiten zu schenken?

Diese Frage kann nicht pauschal beantwortet werden. Vielmehr bedarf die Beantwortung dieser Frage Klarheit bezüglich der eigenen Wünsche und Ziele und eine wirtschaftliche Analyse bezüglich der Versorgungssituationen in den Szenarien „Gesund alt werden“, „Versorgung im Pflegefall“ und „Versorgung des/der Hinterbliebenen bei vorzeitigem Ableben eines Versorgungsempfängers“. Erst wenn bei der Betrachtung dieser Aspekte im Jetzt und in der Zukunft keine Versorgungslücken entstehen, sollte man sich mit dem Gedanken beschäftigen, welche Vermögensteile wann an wen übertragen werden. Denn wer kann schon sagen, was das Leben mit einem noch vorhat.

Alle diese und weitere Aspekte beleuchten wir gemeinsam mit Ihnen im Rahmen der MVB Generationenberatung.  

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